Dahab (siehe Karte) auf der Sinai-Halbinsel war ein toller Ort um am Meer und in den vielen netten und günstigen Küstenrestaurants und -cafes zu entspannen, an dem ich, wenn ich mich nicht dort selbst herausgerissen hätte, bestimmt einen Monat oder mehr verbracht hätte. Es ist, anders als Sharm-el-Sheikh mit seinen Alles-inklusive-Angeboten, ein kleiner Ort, der hauptsächlich in der Hand unabhängiger Reisender ist. D.h.: günstige und einfache Hotels und unabhängige Restaurants/Cafes entlang der Küste so weit man sehen kann. Und ins Meer darf man dort ebenso überall entlang der Küste, um zu schnorcheln, schwimmen oder in der Sonne zu liegen. Einziger Nachteil: Salzwasser in günstigen Hotels, die kein herangefahrenes Frischwasser bestellen. Dieses stört aber scheinbar niemanden. Leute, die dort hinkommen, sind Rucksacktouristen, die es ihre letzte Station auf einer Ägypten-Rundreise machen, hartgesottene Taucher auf ihrem Tauchurlaub mehrmals im Jahr, oder Leute, die einfach ein spontanes Billigflugticket kauften und keine Rundum-Versorgung eines Sharm-Hotels brauchen um zu schnorcheln, Trips in weiterer Umgebung (bis nach Petra in Jordanien) zu machen und in der Sonne zu liegen. Die Stadt ist zwei Busfahrstunden von Sharm entfernt.
Eigentlich war mit Luxor der Pflichtteil meiner Ägypten-Reise beendet, dann habe ich mich aber spontan entschieden, dem Ruf des Roten Meeres zu folgen und nach Dahab zu fahren. Es war eine Busanreise über Land – es gibt auch eine schnellere aber teurere über teilweise eine Fähre – die in am Ende in 26 Stunden Fahrzeit ausartete. Weil eine Schnellstraße in der Nacht über 7 oder 8 Stunden gesperrt war. Ich habe zwar die meiste Zeit verschlafen und es gab genügend Pausen, aber mir tat der Allerwerteste danach trotzdem noch drei Tage weh.
Ich kam am 31.12. gegen 8 Uhr abends dort an, und habe mich ebenso spontan entschieden, zusammen mit Xin, Emily (die ich kurz in Luxor kennenlernte) und Cindy (die ich im Bus kennenlernte) in derselben Nacht den berühmten Berg Sinai zu besteigen, um den ersten Sonnenaufgang des Jahres 2011 von dort zu sehen. Gesagt – getan: Um 11:30 abends ging die zweistündige Minibusanreise los. Leider haben wir es versäumt uns vorher flüssige Rauschmittel zu besorgen – die in Ägypten nicht überall zu kaufen sind – sodass es bei mir der erste trockene Jahresbeginn seit sehr sehr langer Zeit war. Es blieb bei traditionellem Dreimal-um-die-Tankstelle-Laufen unserer lateinamerikanischen Mitreisenden. Gegen 1:30 Uhr morgens waren wir am nächtlich frierendem Fuße des Berges, am Anfang der Aufstiegsroute. Der wärmende aber nicht besonders schwere Spaziergang zur Spitze dauerte vier Stunden, vorbei an den endlosen Angeboten der Kamel-Fahrgelegenheiten und mit Pausen an jeder der vielen Getränkehütten. An der letzten, 10 Minuten vor der Spitze, wärmten wir uns mit Kaffee und warteten bis es gegen 6 Uhr anfing zu dämmern. Gegen 6:30 war der Sonnenaufgang. Er war sehr schön. Wir schossen Bilder bis die Fotoapparate glühten und gingen den sonnenscheingefluteten Berg wieder hinab, vorbei an den „Danke Jesus“-Rufen einiger Pilger und den „Gerne geschehen“-Antworten unbelehrbarer Heiden. Wobei wir diesmal die Kameltreiber austricksten und den steileren Stufenabstieg nahmen, an den sich nur Zweibeiner trauen, und das auch nur tagsüber und am besten hinunter.
Unten haben sommerliche Temperaturen wieder Einzug gehalten, die Mönche des Katharinenklosters haben ausgeschlafen und öffneten die Pforten ihres (unter religiös bewanderten, zu denen ich mich nicht zähle) bekannten Klosters. Der berühmte brennende Busch dort entpuppte sich als restlos verbrannt – es war aber ein (fragen Sie die lauthals Ruhe einfordernden Mönche selbst) Nachkomme zu besichtigen. Dieser sah für mich eher wie eine Kriechpflanze aus, was aber sicher eine Ansichtssache ist.
Das letzte woran ich mich an diesem Tag noch erinnern kann, war der knalle Sonnenschein auf dem Balkon zurück im Hotel, mit Blick auf Meer und das Restaurant davor mit voller „Fröhliche Weihnachten“-Deko. Ach ja, da waren noch die Meeresfrüchte und Schischa auf den Kissen irgendeines anderen Restaurants.
Am nächsten Tag gingen wir im (unter Tauchern und sonstigen Rotes-Meer-Liebhabern) bekannten „Blauen Loch“ nahe Dahab schnorcheln. Es ist eine wirklich tolle Gegend zum Tauchen und Schnorcheln, mit kristallklarem Wasser, vielen farbigen Fischen und Korallen. Paar Tage später habe ich ein halbstündiges Testtauchen gemacht (geht ohne Tauchlizenz), in der „Lichthaus“-Gegend am Riff in Dahab selbst. Wobei ich mich genau erinnern kann, dass im Selbst-Schuld-wenn-was-passiert-Papier, das ich unterschrieb etwas von Schwimmbeckenumgebung drin stand. Ich fand es jedenfalls klasse, dass es im Meer am Riff war, und habe meinen persönlichen Tiefenrekord von 8,3 Metern aufgestellt. Der Tauchlehrer dabei fest an meine Tauchmontur klammernd und versuchend, die Schwimmrichtung und Geschwindigkeit anzugeben. Wie die meisten Anfänger (wie mir später eine erfahrene Taucherin, die mittlerweile schlecht auf einem Ohr hört, sagte) bin ich dabei wohl etwas zu schnell geschwommen. Na ja, zu meiner Verteidigung: an einer Stelle musste ich es, sonst wäre der Tauchlehrer, der sich an mir klammerte mit der Strömung ins offene Meer getragen worden, was ich nicht zulassen konnte. Den Tiefenrekord gilt es jedenfalls nun wohl in Thailand zu brechen. Über einen Tauchlehrgang denke ich noch nach – er soll nach Berichten von reisenden Tauchexperten in Thailand günstiger zu machen sein.
Die restlichen Tage verbrachte ich mit Schnorcheln, in der Sonne Herumliegen und ein Buch, das ich in einem Restaurant auslieh, Lesen. Und abends in irgendeinem Restaurant mit offenem Feuer sitzend und plaudernd. Das Feuer war gut, da es abends um diese Jahreszeit merklich kühl wird. Die beste Jahreszeit soll in Dahab der heiße Sommer sein. Nach einigen Tagen musste ich dort jedenfalls weg, sonst wäre ich noch mit irgendjemandem nach Jordanien mitgekommen.
Auf dem Weg mit dem Bus über Kairo in die Bahariya-Oase machte ich einen halben Tag in Sharm-el-Sheikh halt, um mir die Stadt anzusehen. Sie hat mir nicht gefallen – als unabhängiger Reisender, der nicht in einer der Bettenburgen (dort nehmen sie den Begriff wörtlich und bewachen sie wie solche) wohnt, hat man dort nichts zu suchen.