Eigentlich hatte ich vor, nur 2-3 Wochen in Malaysia (siehe Route) zu bleiben. Daraus sind fast drei Monate geworden. Malaysia ist ein multikulturelles Land, mit Malaien als größte Bevölkerungsgruppe (nach Angaben der von Malaien dominierten Regierung), Chinesen als eine ähnlich große Gruppe, eine kleinere Gruppe von Indern, sowie die vielen kleinen ethnischen Gruppen auf der Insel Borneo, deren Norden ebenfalls zu Malaysia gehört. Die Chinesen und Inder kamen meist in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, während der britischen Kolonialzeit, nach was heute Malaysia ist – außer der chinesischen und indischen Seehändlern, die sich bereits vor Jahrhunderten in Melaka und anderswo niederließen, und durch Vermischung mit lokalen Malaien neue Bevölkerungsgruppen bildeten – dazu später. Muslimische Malaien dominieren die Regierung und Verteilung der Geschäftslizenzen vorwiegend an muslimische Mitbürger oder solche, die es werden wollen (d.h. Muslime, die ins Land kommen, oder andersgläubige, die zum Islam konvertieren würden um dem Geschäftsleben zu helfen). Fleißige und geschäftstüchtige meist buddhistische oder daoistische muttersprachlich Kantonesisch (Südchinesisch) sprechende Chinesen finden aber immer einen Weg zu einer Geschäftslizenz, dank der grassierenden Korruption, oder über malaiische Mittelsmänner, die offizielle Lizenzinhaber sind. Dabei muss man gerechterweise bemerken, dass Korruption kein typisch malaysisches Problem ist, sondern in der Region generell weit verbreitet ist – je ärmer das Land, desto höher die Korruption. Die meist hinduistischen (zum Teil aber auch muslimischen) Inder kommen ursprünglich meist aus dem Süden von Indien und sprechen entsprechend einen der Tamil-Dialekte als ihre Muttersprache. Und dann gibt es noch die viele verschiedene Sprachen sprechende Völker im Norden von Borneo, die sich über Dominanz von außen beklagen. Manche dieser Völker sind Heiden, andere sind Christenten, von Missionaren konvertiert. Die gemeinsame Landessprache ist Malaiisch, viele Sprechen aber auch zusätzlich mehr oder weniger gut Englisch. Da Malaysia ein relativ wohlhabendes Land ist (sogar etwas wohlhabender aussehend als Thailand), gibt es eine steigende Zahl von Immigranten aus den ärmeren Ländern der Region (gab es in Thailand ja auch schon), wie Laos, Kambodscha, Myanmar, Indonesien, Philippinen, auch Thailand, aber auch von außerhalb von Südostasien: Sri Lanka und Bangladesch, oder Mittlerem Osten und auch Afrika. Entsprechend hört man ab und an, dass die Immigranten den Einheimischen „die Arbeit wegnehmen" oder dass die Straßen nachts unsicherer werden. Klingt irgendwie bekannt.
Ich kam mit einem Boot von Thailand auf die Insel Langkawi (Pulau Langkawi, „Pulau" heißt Insel auf Malaiisch) im Nordwesten von Malaysia an. Langkawi hat einen anständigen Strand, der aber keinem Vergleich zu thailändischen Inselstränden standhält. Der Strand ist aber trotzdem besser, als die anderen auf der Westküste der malaysischen Halbinsel. Es soll tolle Strände auf Perhentian- und Tioman-Inseln auf der Ostseite geben, ich ging aber nicht hin, einerseits weil der erstere wegen Regensaison (war nicht schlimm, es kommen aber trotzdem weniger Besucher) geschlossen war, und andererseits ich nach Thailand bereits genug von Stränden hatte. So kam es, dass ich erst am dritten Tag auf Langkawi zu dem nur Hundert Meter entfernten Strand ging. Dafür war das Gasthaus sehr nett, mit unterhaltsamer und entspannter Atmosphäre... Bis die jungen Hotelangestellten am Ende eines gemeinsamen heiteren Abends in einer Tanzbar einen britischen Mitbewohner der Unfreundlichkeit Einheimischen gegenüber, und alle Briten insgesamt des Kolonialismus und der Unterdrückung von Muslimen beschuldigten, dabei eingestehend, dass sie selbst „Rassisten" sind. Jedenfalls habe ich daraufhin meinen kurzen zweiwöchigen Aufenthalt dort beendet und bin mit vier Mitbewohnern weiter gefahren. Von Langkawi zeige ich keine Fotos, einerseits weil ich dort nicht viel gemacht habe (Ausflüge – man kann nur eine begrenzte Anzahl von Tempeln, Wasserfällen und Aussichtspunkten in einer kurzen Zeit sehen, und ich hatte meine Dosis bereits hinter mir), und andererseits weil ich niemanden mit mittelmäßigen Strandfotos langweilen möchte.
Von der Insel Langkawi ging es mit Boot und Bus weiter auf die Insel Penang (Pulau Pinang), wo ich mich im chinesischen Viertel ihrer Hauptstadt Georgtown ansiedelte. Es scheint im Allgemeinen so zu sein, dass die günstigen Gasthäuser und Herbergen für Rucksacktouristen meist in den zentral gelegenen chinesischen Vierteln zu finden sind. So war es später auch in Kuala Lumpur und Melaka. Georgetown war ähnlich zu Melaka später, nur weniger schön, aber ich hatte nette Mitreisende dabei. Die Insel ist vor allem für ihre Elektronikfabriken vieler westlichen Marken bekannt.
Übrigens hat Malaysia die, meiner Meinung nach, besten Langstreckenbusse, die ich bisher gesehen habe. Inklusive Europa. Es gibt nur drei Sitzreihen – eine links und eine Doppelreihe rechts – mit entsprechend weiten und sehr bequemen Sitzen, und viel Beinfreiheit vorne. Dabei sind die Fahrkartenpreise nicht einmal teurer als in umliegenden Ländern, weil man wegen guter Lage der Busbahnhöfe die Karten meist selbst kaufen kann, ohne über Reiseagenturen gehen zu müssen. Nur die Klimaanlage kennt manchmal nur die Maximalkühlung, was einen die Hitze draußen zu schätzen lehrt.
Von Georgetown ging es zum ersten Mal nach Kuala Lumpur (von allen nur kurz „KL" genannt), die Hauptstadt von Malaysia, wo ich insgesamt fünf Mal hinkam: nach Georgetown, nach Melaka auf dem Weg in das Grüne von Cameron Highlands, zurück nach Cameron Highlands und dann nach noch zwei Ausflügen: auf die Insel Pangkor (sehr schön) und zur Küstenstadt Port Dickson (geht so). Das Busnetzwerk von KL braucht einen Schachweltmeister zum Entschlüsseln, dafür sind aber die Stadtzüge modern und funktionieren prächtig. Es gibt drei Arten davon: „LRT" (wie eine U-Bahn, nur auf Brücken statt unterirdisch), „Monorail" (kürzere Züge, läuft auf nur einer großen Schiene, ebenfalls auf Brücken) und „Komuter" (ähnlich einer deutschen S-Bahn: verbindet mit Nachbarstädten, hat aber kleinere Haltestellendichte). Ähnlich wie in anderen asiatischen Großstädten, gibt es in KL viele Westler, die Arbeitswegen nach KL gingen und denen es dort an kaum etwas fehlt – auch nicht an westlichen Preisen in manchen Bars und Restaurants.
Nach dem ersten Halt in KL ging es für drei Wochen in meine Lieblingsstadt in Malaysia: Melaka. Melaka hat ein sehr schönes chinesisches Viertel im Zentrum, mit lokalen und aus Westen immigrierten Künstlern, sehr schönen Cafés und Restaurants. Aber auch mit vielen günstigen Alternativen. Wie überall in Malaysia hat man eine Wahl zwischen malaiischer, chinesischer und indischer Küche. Und wie überall auch günstig, da sich Reisende in Malaysia meist unter Einheimische mischen (die z.T. auch Wochenendausflügler aus anderen Städten sind) und nicht speziell für Touristen angelegten Gegenden bleiben.
Melaka hat eine reiche Geschichte als eine Handelsstadt an der Küste, mit chinesischen und indischen Händlern, die sich vor vielen Jahrhunderten niederließen und mit Vermischung mit Einheimischen neue Bevölkerungsgruppen bildeten, wie „Baba-Nonyas", die auf Chinesen, und „Chittis", die auf Inder zurückgehen. Diese Gruppen pflegen ihre entsprechende ursprüngliche Religion und Bräuche, distanzieren sich aber von neueren Einwanderern. Vor 500 Jahren haben sich zunächst Portugiesen Melaka angeeignet, und haben ebenfalls eine neue Mischgruppe gebildet, die heute noch die alten portugiesischen Bräuche, Sprache und Christentum pflegt. Später kamen Niederländer und dann noch die Briten, die aber während ihrer jeweiligen Herrschaft jeweils unter sich blieben.
Die größte Errungenschaft von Melaka ist, meiner Meinung nach, die Laksa nach Baba-Nonya-Art: Es ist eine Curry-Suppe mit Seefrüchten, Nudeln, etc. – sehr lecker. Andere Laksa-Sorten ohne Curry (z.B. Asam-Laksa) gibt es überall in Malaysia, doch Baba-Nonya-Laksa bleibt mein Favorit!
Ähnlich wie Georgetown oder KL, hat Melaka außerhalb von Chinatown auch moderne Geschäfts- und Einkaufsgegenden, deren Kinos ich, wie auch in anderen Städten, gerne besuchte. Ein Besuch in einem der durchwegs nach westlichen Standards gebauten Kinos kostet umgerechnet zwischen 1,5 (Georgetown, normaler Film) und 6 (KL-Zentrum, Überlänge) Euro.
Hier ist ein typischer Tagesablauf eines Neuankömmlings in Melaka, kurz nachdem ich Melaka verließ.
Nach Melaka ging ich mit drei Mitstreitern auf einen Kurzausflug in den Dschungel und Teeanbaugebiete von Cameron Highlands. Da, wie der Name schon sagt, die Gegend höher gelegen ist, ist es dort wesentlich kühler (für Südostasien), sodass dort auch viel Gemüse, Erdbeeren und Blumen angebaut werden.
Nach Cameron Highlands kehrte ich wieder nach KL zurück und blieb dort gleich für fast drei Wochen, unterbrochen von Ausflügen auf die sehr entspannte kleine Insel Pangkor (ich hatte mittlerweile wieder Lust auf einen schönen Strand, nach all der langen Zeit) und nach Port Dickson (an der Küste unweit von KL – na ja, es gibt schönere Gegenden). Strände sind in Malaysia im Allgemeinen viel besser und Wasser viel sauberer auf den Inseln als auf Festland. Oder zumindest ist es auf der Westküste so.
Nach den fast drei Monaten und einer sehr schönen Zeit in Malaysia war es Zeit wieder weiter zu gehen, sodass ich mir zum letzten Mal einen malaysischen Bus schnappte und für ein paar Tage weiter ins benachbarte Singapur ging. Ich habe vieles in Malaysia ausgelassen, wie die unter Touristen populären Inseln vor der Ostküste, oder Orang-Utan-Pfade und „Langhäuser" auf der Insel Borneo, doch war dies auch mein Plan. Ich habe den Gedanken aufgegeben, dass ich überall alles sehen muss, weil sich die Sachen wiederholen – da es zwar verschiedene Länder in Südostasien sind, sind sie sich wegen der Nachbarschaft und gegenseitigem Einfluss doch ähnlich. Sodass man Dinge, die man an einem Ort sieht, auch an einem anderen Ort oder Nachbarland sehen kann. Und ich habe noch viel vor, auch wenn ich es mittlerweile viel langsamer angehe.
Dank für einige der Bilder an Cecilia, Davie und Eva!